Fette Schlagzeile heute in den Online-Nachrichten: «Am Ende macht die Schweiz immer das Richtige».
Der Sonntags Blick traf Bidens neuen Mann in Bern. Und der neue Botschafter äusserte sich zum Neustart in Bern, zu einem geplanten Pharma-Abkommen und zum Ukraine-Gipfel im Tessin.
Ich mochte gar nicht mehr weiterlesen – in so wenigen Zeilen so viel Unheil und die glasklare Meinung der USA zur Schweiz -, das reichte mir vollkommen.
Wenn ich aus dem Mund eines US-Regierungsvertreters den Satz höre: «Am Ende macht die Schweiz immer das Richtige», dann kriege ich Hühnerhaut. Viele Leser dieser Nachricht fühlen sich gebauchpinselt über dieses «Lob». Das wichtigste hat der Herr Botschafter jedoch vergessen – nämlich die drei Worte «aus unserer Sicht»!
Hätte er gesagt «Am Ende macht die Schweiz aus unserer Sicht immer das Richtige», dann wäre die Aussage korrekt gewesen, wäre aber vielleicht dem einen oder anderen Leser doch sauer aufgestossen.
Denn es heisst nichts anderes, als dass die Schweiz wohl hin und wieder etwas Anderes hätte tun wollen, sich aber nach einer wohlwollenden «Ermahnung» des Lehrers aus den USA eines «Besseren» besann.
Wer nun meint, dieses «Bessere» sei zugunsten der Schweiz, der unterliegt einem fundamentalen Irrtum. Oder sind Sie der Meinung, der nach wie vor einseitige automatische Informations-«Austausch» sei zu unserem Wohl? Sehr vereinfacht gesagt, wollten die USA einfach einen Konkurrenten von Delaware aus dem Verkehr ziehen. Das ist ihnen hervorragend gelungen, dank der tatkräftigen Mithilfe der damaligen Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Und das ist nur eines von vielen Beispielen, aber eines mit sehr grossen Auswirkungen.
Womit wir bei dem Thema «Schweizer Politik(er)» wären. Aufmerksamen Beobachtern des Politikbetriebs in den Kantonen und in Bern ist es kaum entgangen, dass die meisten der aktuellen Politikdarsteller (wieso streift mich hier der Gedanke an die Ukraine – aber nur sehr kurz!) ihre Aufgabe nicht mehr in der Vertretung der Interessen der Kantone und des Bundes sehen. Nein, vielmehr geht es um Selbstdarstellung, Selbstverwirklichung und Streben nach noch mehr Einfluss. Dass das auf dem Rücken und gegen die Interessen der Wähler und Steuerzahler geschieht, interessiert sie offensichtlich nicht.
Die Neutralität der Schweiz und die Schweiz als sicherer Hafen für Finanzen waren die beiden Hauptgründe, die mehr als nur einmal dafür sorgten, dass die Schweiz vor grösseren Krisen und Auseinandersetzungen verschont blieb. Und Gottseidank waren trotz unterschiedlicher Meinungen die Politiker mit Rückgrat in der Überzahl.
Zur Frage ganz am Anfang: Nein, ich will nicht, dass sich die Schweiz weiterhin als «Satelliten-Staat» der USA (und der EU) aufführt. Ich will wieder eine Konzentration auf die eigenen Interessen, auch wenn das bedeutet, hin und wieder schwierige Zeiten durchstehen zu müssen. Aber waren es nicht schon früher die schwierigen Zeiten, die die Innovationskraft der Schweiz stärkten?